Der erste Eindruck

Auf den ersten Blick

In diesem Artikel geht es um Oberflächlichkeiten. Und darum, wie sehr sie unseren Alltag bestimmen. Für manch einen mag das etwas befremdlich sein, schließlich werden wir von klein auf darauf hin gewiesen, dass es die inneren Werte sind, die zählen. Besonders, wenn es um andere Menschen geht.

Dem möchte ich in diesem Artikel zwar nicht pauschal widersprechen, allerdings haben die inneren Werte auf den ersten Eindruck, den wir von einem Menschen haben, noch keinen Einfluss. Das kommt erst später.

Um zu verstehen, warum Äußerlichkeiten zwangsläufig eine große Rolle in unseren Bewertungen spielen, ist ein Blick in unsere Vergangenheit nötig. Und zwar nicht in die persönliche Vergangenheit, sondern in die Vergangenheit unserer Spezies.

Seit es Leben gibt, gibt es Konkurrenz.

Die intensivste Konkurrenz entsteht dabei nicht zwischen Lebewesen verschiedener Spezies, sondern innerhalb der eigenen Art, weil hier die Bedürfnisse am ähnlichsten sind und somit um dieselben Ressourcen (in unserem Fall als Unternehmerinnen sind das Kunden, Aufträge, Partner) konkurriert wird.

Neben Kampf und Kooperation ist ein wichtiges Mittel im Wettbewerb um Ressourcen die Manipulation. Sobald wir Signale von einem Gegenüber auffangen, müssen wir diese im Kontext der Situation bewerten. Welche Absicht verfolgt mein Gegenüber? Verstellt sich diese Person, um mir etwas zu verkaufen oder ist die Person wirklich davon überzeugt, was sie da präsentiert? Gibt es Kooperationsmöglichkeiten?

Bei dieser Einschätzung kann man sich täuschen, oder… getäuscht werden. Und genau hier kommt das Prinzip der ehrlichen Signale ins Spiel.

Ehrliche Signale sind solche, die nicht gefälscht werden können.

Entweder, weil es immer auffallen würde, oder weil für den Täuschenden auf Dauer zu mühsam werden würde. Die Evolution hat uns beigebracht, auf manche Signale besonders zu reagieren, weil sie sehr schwer gefälscht werden können… beziehungsweise konnten.

Das Geweih eines Hirsches ist insofern ein ehrliches Signal für die Stärke seines Trägers, als nur gesunde Tiere mit einem Zugang zu wichtigen Ressourcen, sich die Entstehung eines solch aufwändigen Kopfschmucks „leisten“ – und es noch dazu ständig am Kopf mit sich herum zu tragen können. Dieses Phänomen nennt sich Handicap Prinzip. Ein anderer männlicher Hirsch weiß, dass dieser Hirsch kräftig, widerstandsfähig, wehrhaft und gesund ist. Er wird sich zweimal überlegen, ob er dieses Exemplar herausfordern will. Und ein Weibchen dieser Spezies fühlt sich von ihm nicht etwa wegen dem ästhetischen Wert des tollen Kopfschmucks angezogen, sondern weil dieser Kopfschmuck ein ehrliches Signal für Gesundheit und die Qualität seiner zu vererbenden Gene darstellt.

Ehrliche Signale beim Menschen

Exakt dieselben Signale und dieselben Mechanismen agieren auch unter den Menschen. Allerdings in einem „neuen“ Kontext, weil große Teile unseres Lebens eben nicht mehr mit den Bedingungen einer Jäger-und Sammler- Gesellschaft in der Savanne vergleichbar sind. Dieser veränderte Kontext verhindert aber keineswegs, dass wir auf entsprechende Signale noch genauso reagieren, wie vor 100.000 Jahren, sofern wir uns nicht bewusst, also mit Großhirnaufwand, dagegen entscheiden. Was recht selten der Fall ist, wenn nicht unser Bauchgefühl, sprich unser Unterbewusstsein, anschlägt und wir innehalten um eine Begegnung noch einmal durchzudenken.

Auch die Merkmale, die als „ehrliche Signale“ bewertet werden, sind über die verschiedenen Säugetier-Spezies sehr ähnlich. Meist sind es Parameter, die in irgendeiner Weise auf den Gesundheitszustand, die Durchsetzungsfähigkeit oder Reproduktionsfähigkeit, die basalen menschlichen Bedürfnisse, schließen lassen. Bei Frauen sind es oft Merkmale, die Schönheit, Jugendlichkeit und Gebärfähigkeit signalisieren (Reine Haut, das Verhältnis von Hüfte zu Taille, runde, dynamische Bewegung, Symmetrie des Gesichts und des Körpers). Bei Männern sind es zum einen auch Parameter, die auf Gesundheit und Stärke schließen lassen (volles Haar, breite Schultern, markantes Kinn), aber zusätzlich auch Merkmale, die sozio-ökonomischen Status implizieren.

Jetzt wird klar, warum der erste Eindruck so mächtig ist.

Diese Erstbeurteilung bestimmt nicht nur in der Partnerwahl ob und wie wir uns dieser Person weiter nähern, sei es in einem Kundengespräch oder im Austausch mit Businesskollegen. Natürlich ist dieser erste Eindruck später durch zusätzlich Information modifizierbar, allerdings wird in diesen Situationen des Erstkontakts schon entschieden, ob man überhaupt eine Chance auf einen weiteren Kontakt erhält. Im Vorstellungsgespräch prägt ein einmal gefasster Eindruck stark die Wahrnehmung und Interpretation aller weiteren Information über den potentiellen Mitarbeiter. 

Unseren Auftritt kann man als Sammlung solcher Signale verstehen. Sind viele dieser ehrlichen Signale vorhanden und fallen positiv aus, wird die Person als attraktiv, sympathisch, kompetent, etc. empfunden. Wie sehr diese Attraktivität unsere Wahrnehmung manipuliert, zeigt eine Vielzahl von Studien: Deutschaufsätze werden positiver beurteilt, wenn ein Foto beigelegt wird, die eine/n attraktiven Schüler/in als angeblichen Autor ausweist. Attraktive Menschen bekommen die besseren Jobs, verdienen mehr und werden sogar vor Gericht für gleiche Vergehen milder beurteilt. Fair ist das alles nicht, aber es ist überall dort kaum zu vermeiden, wo Menschen andere Menschen in welcher Form auch immer beurteilen.

Der Informationskanal ist hier in erster Linie der Optische, aber auch über die Akustik und selbst olfaktorische Reize werden ausgewertet. Alle diese Reize werden aufgenommen, ins Zentralnervensystem geleitet und dort mit allen Erfahrungen und Parametern, die unsere eigene Persönlichkeit mit ins Spiel bringt, verrechnet:

Und da ist er, der erste Eindruck

… ohne noch ein Wort mit der betreffenden Person gewechselt zu haben.

Wir können uns nicht gegen diesen Eindruck wehren. Aber im nächsten Blogartikel schauen wir noch ein wenig genauer hin und lernen wie wir den ersten Eindruck doch ein wenig beeinflussen können. Denn die Attraktivität mag zwar ein schlagendes Argument für den ersten Eindruck sein, aber unsere inneren Werte beeinflussen alles was danach kommt. Und da hat unsere Einstellung, unsere Grundhaltung im Leben, einen großen Einfluss.

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